Historie

Historie des Königlichen Kurtheaters

Von Astrid Liebehenz und Dr. Thomas Käppler

In den ‚Badblättern‘ von Wildbad finden wir 1878 folgende Notiz:
Das Theater ist „Vereinigungspunkt der besten Gesellschaft und wird täglich von Sr. Durchlaucht dem Prinzen von Wittgenstein, allen anwesenden Grafen und Baronen und einem Flor reizender Damen besucht.“

Welch eine Theaterkarriere!

Das Theater war erst wenige Jahre vorher, 1864, als kleines, einfaches Gebäude errichtet worden.Man nimmt an, dass der Theaterdirektor Albert Hirsch es auf eigene Kosten günstig inunverputztem Fachwerk als Mischung aus Schwarzwald und Schweizerhaus erstellen ließ. Als Architekt kommt der Bad- und Bauinspektor Franz Ulrich Mayr in Frage. Der Ort, ein aufstrebendes, herrschaftliches Kurbad, benötigte dringend ein eigenes Theatergebäude, denn in Wildbad gab es bis dahin nichts dergleichen. Theater wurde bisher im ‚Oberen Conversationssaal‘ des Badhotels gespielt.

Das neue Haus war ein sogenanntes „Vaudeville Theater“. Das Vaudeville hat seine Ursprünge im Pariser Jahrmarktstheater und ist oft mit Musik und Tanz verbunden. 1872 ging das private Theater in den Besitz des Landes Württemberg über. Als 1885 Peter Liebig aus Mainz als Theaterdirektor nach Wildbad gerufen wurde, nahm das Theater einen großen Aufschwung. Im Jahr 1888 erhielt das Theater dann einen neuen Namen: „Königliches Kur-Theater“. 1897/98 wurde es im Rahmen der Umgestaltung der Kuranlagen umgebaut. Der vielfältig in Bad Wildbad tätige Architekt Albert von Beger machte aus dem schlichten „Etwas“ ein prachtvolles Kleinod. Äußerlich erhielt das Theater stilistisch Renaissance-Elemente. Der Innenraum, in dem jetzt 200 Personen , auch auf Galerien, Platz fanden, wurde mit Stuckdekor im Rokokostil verziert und einer barocken Anlage angenähert. Somit entsprach die Gestaltung des Kur-Theaters nun auch dem regen Zuspruch unter der Leitung Liebigs. Dieser blieb bis zu seinem Tod 1910, also 25 Jahre, Theaterdirektor in Bad Wildbad. Bis 1914 wurde das Theater vorübergehend von der Direktion des herzoglich sächsisch-altenburgischen Hoftheaters geführt, an welchem Peter Liebig als Intendanzrat bereits längere Zeit die Leitung gehabt hatte. Im Anschluss daran wurde die Theaterdirektion an die Herren Steng und Krauß, eine renommierte Theaterfamilie, aus Heilbronn übergeben. In den Jahren zwischen den zwei Weltkriegen blühte das Theater erneut auf. Auch während des Krieges wurde der Spielbetrieb aufrechterhalten. Ältere Wildbader, Einwohner und Gäste erinnern sich an beglückende Aufführungen im „Schmuckkästchen“ am Rande des Kurparks. Bis Mitte der 1960ziger Jahre wurde das Theater bespielt.

Am 24.06.1967 fand mit dem Lustspiel in drei Akten „Dame Kobold“ von Calderon de Berta in der, damals als Landeskulturtheater bezeichneten, historischen Spielstätte die letzte Aufführung statt.Danach verfiel das Theater zusehends und wurde, in wenig kunstsinniger Weise, als Abstellraum für die Kurgärtnerei benutzt. Die Bevölkerung bezeichnete es als „Schandfleck“!! Es kam soweit, dass 1981/ 82 Teile des Innenraums wegen Pilzbefall abgerissen werden mussten, die tragende Konstruktion wesentlich in Mitleidenschaft gezogen worden war. Am 24.06.1987, 20 Jahre auf den Tag genau, nachdem der letzte Vorhang gefallen war, fand sich eine Gruppe am Erhalt des Kurtheater Interessierter zusammen und gründete den „Förderverein Kurtheater Wildbad e.V.“. Die Pläne der Landesregierung, das Kurtheater abzureißen, realisierten sich nicht, da 1999 das Kurtheater in den Besitz des Fördervereins überging. 2001 begannen die Restaurierungsarbeiten, die 2005 mit einer Grundsanierung abschlossen. Das Kurtheater war ab diesem Zeitraum im bescheidenen Rahmen bespielbar, so dass am 01.07.2005 mit der Kammeroper „L ́inganno felice“ von Gioachino Rossini unter der Leitung von Alberto Zedda das Haus wieder eröffnet werden konnte. In den folgenden Jahren fanden einige Veranstaltungen sowie regelmäßig das Belcanto- Festival „Rossini in Wildbad“ im Kurtheater statt. Die Renovierung ging in Teilschritten weiter bis zur Fertigstellung 2014. Als nächstes steht die Bühnenrestauration an. Am 10.07.2014, 150 Jahre nach der Entstehung des Gebäudes, wurde mit der konzertanten Aufführung von Rossinis „Il viaggio a Reims“ der reguläre Spielbetrieb im Königlichen Kurtheater wieder aufgenommen! Seitdem hat der Förderverein mit viel Initiative und Leidenschaft eigene Veranstaltungen im Theater mit Erfolg zur Aufführung gebracht. 2016 können die Theaterliebhaber sehr gespannt auf die vom Förderverein geplanten zahlreichen Aufführungen sein.

An der Rettung und Restaurierung des Königlichen Kurtheaters waren beteiligt:

• Stadt Bad Wildbad

• Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg, Oberste Denkmalschutzbehörde

• Deutsche Stiftung Denkmalschutz mit Hilfe der Glücksspirale

• Denkmalstiftung Baden-Württemberg

• Baden-Württemberg Stiftung

• Planung und Projektleitung Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Pforzheim

• Förderverein Kurtheater, Wildbad e.V.

1898

1898

1898

KTT-3

ca. 1910

 

ca. 1910

ca. 1910

KTT-5

ca. 1955

1955

1955

ca 1955

ca 1955

2001/2003

2001/2003

KTT-10

2010

2010

2010

Bad Wildbads berühmte Theaterwelt

In den Jahren von 1864 bis zur Schließung 1967 standen hier viele, zu ihrer Zeit berühmte Persönlichkeiten, heute würde man sagen „Stars“ auf der Bühne: -1865 Albert und Minna Hirsch, geb. Hänlein, ab 1872 Liedsängerin in K. Dräxlers Singspielhalle, Wien. -1878 Fritzi Blum, eine der berühmtesten Operettensängerinnen dieser Jahre, aus Wien. -1891 debütierte Helene Fehdmer, nach Beendigung ihrer Schauspielausbildung, am Kurtheater. Später spielte sie in ernsten Rollen auf allen großen Bühnen, im frühen Tonfilm mit Gustav Gründgens, Emil Jannings und Heinrich George. -1898 trat Max Berg-Ehlert in Wildbad auf, mit nur 33 Jahren erster Intendant am Staatstheater Cottbus, später Intendant in Königsberg, Altenburg, Kassel und Breslau -1898 Frieda Grossmüller, verheiratete Retty, die Stiefgrossmutter von Romy Schneider -1904 Herrmann Röbbeling, der später am Thaliatheater und Schauspielhaus Hamburg arbeitete, war von 1932-38 Direktor des Burgtheaters in Wien -1907 Georg Jakobi, späterer Ehemann von Marika Rökk und einer der berühmtesten Filmregisseure seiner Zeit. Zwei der vielen berühmten Filme seien genannt: 1953 „Maske in Blau“, 1958 „Bühne frei für Marika“. -1907 war der Dramatiker Koppel-Eilenfeld im Badhotel zu Gast, um der Uraufführung seines neusten Stückes „Löwenteil“ im Königlichen Kurtheater beizuwohnen. -1926 spielte hier Josef Schaper, später bekannt durch die deutsche Verfilmung von „ Die 12 Geschworenen“ und zahlreiche TV-Serien. – Am 19.08.1925 wurde die Oper „Mignon“ aufgeführt mit Hermine Bosetti, deutsche Koloratursopranistin, München und Wien. Zwischen 1921 und 1924 war sie Starsängerin der bayerischen Staatsoper. Noch heute können wir sie auf zahlreichen erhaltenen Tonträgern hören. -1925 steht auf der Schauspielerliste: “ Willy Reichert -jugendlicher Komiker aus München“. Laut ‚Badblatt‘ Nr.57, 1925, trat Willy Reichert am 29. und 30. August in dem Stück: „Die vertauschte Frau“ und eine Woche später in „Die vertagte Nacht“ als Gast vom Volkstheater München auf. Vielen ist sicher noch Willy Reichert als das schwäbische Original aus Filmen und Fernsehserien gegenwärtig. Er zeigte sein ganzes Können, sehr zum Vergnügen des Publikums. “ Vor allem sei da des großartigen Spiels von Willy Reichert gedacht, der seine Bodenständigkeit hier wiederum bewies. Er ist mit Recht der Liebling des Publikums und seine Darstellungskunst und Regie, nicht das Stück, wirkten unwiderstehlich.“ So steht es in besagtem o.g. Badblatt. Dies sind nur einige, von uns heraus gegriffene Beispiele. Es gab weitaus mehr Schauspieler/innen am Kurtheater. Wir werden zukünftig weiter forschen und hoffen, noch viel Interessantes herauszufinden! Der Förderverein ist dankbar für Wissenswertes, was vielleicht weltweit noch vorhanden sein könnte. Wir bitten jeden, der auf den Spuren der Vergangenheit wandelt und Entdeckungen macht, sich mit dem Förderverein in Verbindung zu setzen.